Konkord 049
Staatsoper
Laokoongruppe
Nichts passt hier zusammen, wenn man die Zutaten bloß so aneinanderreiht: Heimatkitsch und avangardegeschultes Popformat, Klassikzitate und Glitchgeknister, Schlager und Low-Fi, Blasmusik und Technoanleihen, politische Eindeutigkeit und sentimentale Hermetik, Pathos und Reflexion, und auf dem Cover des Sophomore-Albums der Laokoongruppe ein seltsames, in der Dunkelheit schwebendes Raumschiff, das sich bei näherer Betrachtung als Wiener Staatsoper aus Trachtenstoff entpuppt! Und dennoch, all diese scheinbar inkompatiblen Elemente ergeben, in der Hand von Karl Schwamberger gut durchgeknetet und oft zur Unkenntlickeit verbogen, ein gar wunderbares Doppel-Album mit lässigem, im besten Sinne unerhörtem Pop, zu dem man in der einsamen Kammer weinen, eine Seminararbeit schreiben oder in der Disko auf und ab hüpfen kann.
Denn ja, freilich steckt Konzept dahinter, wenn eine Platte Staatsoper heißt und die Musik darauf mit Versatzstücken (nicht nur) der österreichischen Hoch- und Populärkultur spielt und die Texte in all ihrer Vertracktheit sich doch auch immer wieder recht klar politisch lesen lassen. Ganz klar und eindeutig liefert die Laokoongruppe hier ein dickes, fettes Statement zum (inter-) nationalen Status quo ab. Aber nie wirkt dieses Konzept aufgesetzt oder mühsam gesucht, ganz selten taucht der Zeigefinger auf, und wenn doch, dann bestenfalls um stante pede von einer scharfen Wendung wieder abgetrennt zu werden - oder ganz zart ironisch weggelutscht.
Das liegt wohl auch daran, dass Karl Schwamberger vor allem das Ziel verfolgt, einfach möglichst gelungene Songs abzuliefern. Und die funktionieren dann auch einen Schritt jenseits aller Affinität zu allem möglichen Kunstzeugs und andauernder Reflexion gesellschaftlicher Zustände. Egal ob man nun Anleihen und Anspielungen heraushören, die Texte politisch verstehen will oder nicht, die Zutaten der Stücke der Laokoongruppe ergeben nach dem guten alten Pop-Rezept ‚schöne Melodien + feine Harmonien + eindringliche Texte + einfallsreiche Produktion‘ einen gefährlich süßen Brei von dem man bald nicht mehr genug kriegen kann. Welch Glück, dass mit Staatsoper gleich sechzehn Portionen davon serviert werden.