Konkord 089
Schnitzelbeat
Vol. 2 - You Are
The Only One
Various Artists
Raw Teenage Beat and Garage Anthems from Austria 1964-1970
An awesome collection of Beat and Garage Rock unknowns from Austria 1964-1970 restored to best possible sound quality and accompanied by an extensive booklet full of great stories and pictures.
A Sunday in August 1965: While the grown-ups are tending to their cars and gardens, a bunch of kids are maltreating budget guitars, cheap Italian combo organs, and ramshackle drum sets in the garage. Mandatory accessoires: longer hair than all the other boys at school, and black boots pointier than the tip of a knife. What had happened to these youths? What had infected the young, mostly amateur musicians brought to you by Schnitzelbeat Vol. 2 was the exciting, new, hot sound seeping into cozy, provincial Austria from happening places like New York, London, and Hamburg. The artists compiled on this collection translate the air of unrestrained abandon transported by the newly emerging popular genres into their own, locally flavored idiom: Teenage Beat and Garage Rock Made in Austria, 1964-1970! Presenting internationally operating epigones of Austrian underground sound of the 1960s (THE SLAVES, THE GAMBLERS) alongside recently re-discovered trailblazers of independent production (THE LOST GENERATION, THE EARLS), Schnitzelbeat Vol. 2 is the first compilation of its kind to pay respect to the wilder side of home-grown Austrian teenage sound of the 1960s in all its diversity: you’ll find Instro Rock smashers, Beat ballads, straight-up Rhythm’n’Blues pieces, jangling, folksy harmonies, savage Proto-Punk blowouts, and – of course – the off-the-wall appropriations of well-known international Beat hits that often provided ambitious amateurs with the jump-start they needed to get their own sound up and running. Curated and compiled by Al Bird Sputnik of the TRASH ROCK ARCHIVES (Vienna), this volume makes a compelling case for a revisionist history of Austrian Pop and Rock music. You thought ther was no 1960s underground Beat in the Alpine republic? Not true!
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Ein Sonntag im August 1965: Während der Herr Papa seinen himmelblauen Opel Kadett auf Hochglanz poliert, drischt der Sohnemann in der Garage mit seinen Schulfreunden wie verrückt auf billige Kaufhausgitarren, italienische Käseorgeln und ohrenbetäubende Snare Drums ein. Die Haare sind länger als die Polizei erlaubt, die schwarzen Boots so spitz wie Messer. Was soll bloß aus dieser Jugend werden? Ist hier subversive Gehirnwäsche aus Moskau am Werk, um das fleißige Österreich von innen heraus kaputt zu machen? Moskau?? New York! London! Hamburg! – Von dort kam der neue, heiße und aufregende Sound in die Städte und Dörfer der Alpenrepublik. Die Röhrenverstärker sind bis zum Anschlag aufgedreht, die Gitarren auf Kniehöhe tief gehängt, Vatis Ziehharmonika längst gegen eine brandneue Höfner-Bassgitarre in Zahlung gegeben: Schnitzelbeat Vol. 2 lässt es krachen. Teenager-Beat, Garagenrock und artverwandte brachiale Genres der mittleren bis späten 1960er Made in Austria. Gab´s doch gar nicht? Na dann, Ohren aufgesperrt!
Gleich der erste Song auf Schnitzelbeat Vol. 2 liefert High Voltage: THE SLAVES zünden 1966 mit You are the only one eine rohe und außerordentlich laute R’n’B-Granate. Energie, Speed, Druck, das Motto lautet „Wir sind subversiv und unserer Zeit 10 Jahre voraus“. THE SLAVES gelten zu Recht als Ausnahmeerscheinung heimischer Popgeschichte. Dennoch – Sie waren nicht die Ersten und nicht die einzig richtig Guten. Rauen Sound und richtig rotzige Attitüde lieferten schon THE BOYS aus Innsbruck. Und das seit 1963. Gerade noch Teenager, Schulabbrecher – und mit Haut und Langhaar dem Rock’n’Roll verfallen. Ihre Eigenkomposition Come back to me hätte jeder deutschen, holländischen oder britischen Beatkapelle zur höchsten Ehre gereicht.
Auch Vorarlberg lieferte großartige Feindbilder für alle fleißigen und braven Bürger: THE GAMBLERS rockten das Ländle bis in den letzten Tanzschuppen. Wenn sie durften. Etliche österreichische Bands zog es wegen fehlender Auftritts- und Veröffentlichungsmöglichkeiten schnell in internationale Gewässer. Es war naturgemäß verführerischer, in München, Zürich, Hamburg und Göteborg ein großes und schickes Publikum zu begeistern, als sich im biederen Austria von allen Seiten anpöbeln zu lassen. „Einsperren!“, „Haare schneiden!“ – es gab damals viele bemerkenswerte Vorschläge, den jugendlichen Beat-Fans gutes Benehmen, Recht und Ordnung einzubläuen.
Spätestens ab Mitte der 1960er Jahre betraten zahllose Amateurformationen und Schülerbands die regionalen Bühnen und rockten die Bierzelte, Kellerschuppen und 5-Uhr-Tee-Tanzsäle. Die unterschiedlichsten Stile und Genres der Zeit wurden auch hierzulande adaptiert und in großartige Neuschöpfungen verwandelt: Instrumentalrock (THE BEATFIRES – Interpol), Beatballaden (THE LOST GENERATION – I had forgotten), straighter Rhytm’n’Blues oder auch unanständig brutaler Garagenpunk. Anklänge an amerikanischen Folkrock (THE EARLS – Say the word) finden sich ebenso wie wunderbar charmanter Underground-Sound, der daherrumpelt, als wäre er live im Schrebergartenhäuschen aufgenommen worden (THE MEADOWS – Future).
Und manche drehten ganz einfach die großen Welthits des Beat durch den Fleischwolf, um der Nachwelt eine verdammt begehrenswerte, privat veröffentlichte 7″-Single zu hinterlassen (THE LAMBERTS – Crazy time). Eine wilde und aufregende Zeit. Modern ist das, was kracht und Spaß macht. Zum Ende hin geht es in Sachen Drive nochmal aufs Ganze: Die Bregenzer DESPERATES hinterlassen mit ihrer Fassung von LSD (aus der Feder der berüchtigten PRETTY THINGS, den finsteren Brüdern der Rolling Stones) eine der besten Versionen, die von diesem Gegenkultur-Klassiker je aufgenommen wurde. Aber danach verabreicht das gänzlich obskure HARRY DAVID QUINTET das wesentlich stärkere und heftigere Schund-Aphrodisiakum LSD 3000. Schnitzelbeat Vol. 2: handle with care!
Unglaublich, was für Schätze, Raritäten und Obskuritäten das Wiener Popkulturforschungsinstitut TRASH ROCK ARCHIVES schon wieder aus seiner Vinyl-Wunderkammer gezogen hat, um endlich die wirklich wahre Geschichte der österreichischen Pop- und Rock-Musik zu erzählen. Herausgeber Al Bird Sputnik hat für Sie zum zweiten Mal die schönsten und ausgefallensten musikalischen Alpenblumen zusammengetragen.